Am 23. Juni 2016 stimmten die Bürger des Vereinigten Königreichs in einem Referendum für den Austritt aus der EU. Von den Folgen des politischen Votums bleibt auch die Domainbranche nicht unberührt.

Die wahlberechtigten Bürger Großbritanniens stimmten am 23. Juni 2016 in einem Referendum mit rund 52% für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union. Dass dieses Votum nicht nur eine historisch-politische Zäsur bedeutet, sondern auch weitreichende ökonomische und juristische Konsequenzen mit sich bringt, wurde vielen erst im Nachgang bewusst. Die bevorstehende Modifikation des politischen Status’ Großbritanniens dekonstruiert schließlich etablierte Wirtschaftsstrukturen. Auch die Domainindustrie bleibt vom Brexit folglich nicht unberührt und diskutiert zum einen über die Tragweite des Austritts des Vereinigten Königreichs aus dem europäischen Verbund in Hinblick auf künftige wirtschaftliche Transaktionen, zum anderen über die ccTLD .EU der Registry EURid. Scheidet Großbritannien nach Vollzug eines „harten Brexits“ nicht nur aus der europäischen Union, sondern auch aus dem europäischen Wirtschaftsraum (EWR) aus, so würden zahlreiche britische Registranten die Vergabekriterien für die Registrierung einer Domain mit der ccTLD .EU fortan nicht mehr erfüllen. Daraus ergibt sich eine diffizile juristische Situation, zumal auch bereits bestehende langfristige Verträge künftig gegen die Policy EURids verstoßen werden.

Der Verband der Internetwirtschaft eco rief im Zuge dessen das Names & Numbers Forum ins Leben und veröffentlichte im letzten Monat ein Diskussionspapier, das die Komplexität der Thematik um .EU auf fünf Lösungsoptionen herunterbricht:

Option Nr. 1: „Pause for registration“: Eine vorübergehende Blockade der Domainregistrierungen von Bürgern Großbritanniens verhindert das Hinzukommen neuer, – juristisch gesehen – problematischer Domains. Die „Pause for registration“ endet sobald durch die EU-Kommission eine Neuregelung getroffen wird.

Option Nr. 2: „Grandfathering“: Die Option des Grandfatherings sieht eine differenzierte Bewertung von .EU-Domains nach pre- und post-Brexit Regeln vor. Die Übergangsregelung wird von der Kommission der europäischen Union ausgewiesen.

Option Nr. 3: „Revocation“: Tritt die Revocation in Kraft, so werden sämtliche Domains, die von Personen mit Wohnsitz in Großbritannien registriert worden sind, unwiderruflich gelöscht. Neuregistrierungen sind in logischer Konsequenz dazu nicht möglich.

Option Nr. 4: „Proxy registration services“: Durch den Einsatz eines Treuhänders, der einen Wohnsitz innerhalb der europäischen Union oder des europäischen Wirtschaftsraums (EWR) vorweisen kann, würde den Registrierungsbedingungen für die ccTLD .EU Genüge geleistet.

Option Nr. 5: „UK stays in the EEA“: Sollte das Vereinigte Königreich keinen „harten Brexit“ vollziehen und dem europäischen Wirtschaftsraum weiterhin angehören, so wird der Austritt aus der Europäischen Union hinsichtlich der ccTLD .EU ohne Folgen bleiben.

Aktuell sieht eco die Gefahr einer Löschung der .EU-Domains von Bürgern des Vereinigten Königreichs als nicht akut an. Nichtsdestotrotz kann der Verband der Internetwirtschaft nur marginalen Einfluss auf den Entscheidungsprozess geltend machen. Das Diskussionspapier gilt demnach primär der umfassenden Information Betroffener und Interessierter. Der finale Entschluss zum Umgang mit gegenwärtigen und künftigen .EU-Registrierungen obliegt allein der EU-Kommission. Eco rät jedoch britischen .EU-Registranten zur prophylaktischen Auseinandersetzung mit den fünf möglichen Optionen.

Quelle: InternetX