76 Prozent der beteiligten Bürger und zivilgesellschaftlichen Gruppen haben sich in einer Konsultation dafür ausgesprochen, die „E-Privacy-Richtlinie“ auszuweiten. In der Wirtschaft sind nur 43 Prozent für einen solchen Schritt.

Ob es um ein Opt-in für Cookies, andere Techniken zum Verfolgen von Nutzern im Internet oder die „freiwillige“ Vorratsdatenspeicherung durch Provider geht – die EU-weite Basis für derlei rechtliche Fragen bildet die Richtlinie über den Datenschutz in der elektronischen Kommunikation, die zuletzt 2009 novelliert wurde.

Die EU-Kommission will nun vom Herbst an die darin enthaltenen Regeln zur „E-Privacy“ erneut reformieren. Damit dürfte sie sich zwischen alle Stühle setzen, wie eine erste Auswertung der jüngst abgeschlossenen Konsultation zu dem Thema nahelegt.

Nutzer vs. Industrie bei der Online-Privatsphäre

Die am Donnerstag veröffentlichte Analyse der Kommission zeigt, dass vor allem individuelle Nutzer und zivilgesellschaftliche Organisationen sowie Firmen und Branchenverbände immer wieder unterschiedliche Auffassungen und Forderungen zur Zukunft der Online-Privatsphäre vertreten haben. Wenn es etwa darum geht, ob Sonderregeln für die Vertraulichkeit elektronischer Kommunikation jenseits der neuen Datenschutz-Grundverordnung überhaupt nötig sind, sprechen sich 83 Prozent der Nutzer dafür aus im Vergleich zu nur 31 Prozent aus der Industrie.

Ähnlich sieht es bei speziellen Bestimmungen für Verbindungs- und Standortdaten aus, wofür 73 Prozent der Bürger und NGO-Vertreter plädieren, aber nur 26 Prozent der Unternehmen. 76 Prozent der Bürger plädieren dafür, die Richtlinie auszudehnen auf „Over-The-Top-Anbieter“ (OTT) wie Skype oder WhatsApp, die Kommunikationsdienste wie Voice over IP oder Instant Messaging übers Internet anbieten. In der Wirtschaft sind nur 43 Prozent dieser Meinung, 42 Prozent dagegen.

Bezeichnend: 93 Prozent der Teilnehmer von Behörden sind dafür, OTT-Akteure in das Regelwerk einzubeziehen. So hat sich etwa der EU-Datenschutzbeauftragte Giovanni Buttarelli dafür eingesetzt, den Geltungsbereich der Richtlinie deutlich auszudehnen und etwa auch das Internet der Dinge oder öffentliche WLANs mit einzubeziehen.

Nutzer gegen Cookies

Sehr groß sind die Unterschiede bei der Frage, ob sich Nutzer vor Werbeanrufen prinzipiell bereit erklären müssten oder diesen im Nachhinein widersprechen können sollten. Fast 90 Prozent aus der Zivilgesellschaft und der Verwaltung sind hier für eine Opt-in-Bestimmung, während 73 Prozent aus der Industrie den Opt-out-Ansatz favorisieren.

Die Ansichten zu dem Streitpunkt, ob Nutzer jeden Cookie-Einsatz genehmigen müssen oder Voreinstellungen im Browser ausreichen sollen, hat die Kommission noch nicht ausgewertet. 77 Prozent der Bürger und ihrer Vertretungen glaubten aber, dass Anbieter kein Recht haben dürften, Nutzern den Zugang zu ihren Diensten zu verweigern, wenn sie die Cookies oder andere Tracking-Werkzeuge ablehnen. Dreiviertel der Wirtschaft widersprechen dieser Ansage. Einig ist sich eine große Mehrheit aus Industrie und Zivilgesellschaft ausnahmsweise in einem gemeinsamen Plädoyer, dass möglichst nur eine nationale Behörde damit betraut werden sollte, die Regeln durchzusetzen.

Nach der Sommerpause will die Kommission eine ausführliche Analyse der Umfrage einschließlich der Antworten auf offene Fragestellungen vorlegen und eine Gesetzesinitiative auf den Weg bringen. Die einzelnen Eingaben zu der Konsultation sollen in Kürze veröffentlicht werden. Beteiligt haben sich 162 einzelne Bürger, 33 NGOs und Verbraucherschutzgruppen, 40 Ämter einschließlich Datenschutzbehörden sowie 186 Firmen und Verbände.

Quelle: http://heise.de/-3289238