Unter dem Banner des 4. Zusatzartikels der US-Verfassung wollen 25 Kongressabgeordnete gegen den Überwachungsstaat auftreten. Sie haben sich zu einem offiziellen „Caucus“ zusammengefunden.

25 Abgeordnete im US-Kongress wollen sich gemeinsam gegen den Überwachungsstaat und ungerechtfertigte Beschlagnahmen engagieren. Dafür haben sie sich am Mittwoch zu einer formellen Gruppe zusammengeschlossen, einem so genannten Caucus. Dessen Name Fourth Amendment Caucus bezieht sich auf den Vierten Zusatzartikel der US-Verfassung. Dieser soll US-Bürger vor staatlichen Übergriffen schützen, insbesondere unbegründete Durchsuchungen und Beschlagnahmen.

Der neue Caucus nennt als Ziele den Schutz gegen Durchsuchungen und Beschlagnahmen ohne richterlichen Befehl, die Schließung von Gesetzeslücken, welche Überwachung zulassen, und generell die Förderung von Reformen, die den Vierten Zusatzartikel „schützen und wiederherstellen“. Überwachungsgesetze würden „zu oft im Geheimen verfasst und unter kurzen Fristen, einschränkenden Verfahrensvorschriften und wenig Diskussion durch den Gesetzgebungsprozess gepresst“, beklagte die Demokratin Zoe Lofgren aus Kalifornien am Mittwoch.

Der 4. Zusatzartikel im handschriftlichen Original

Der 4. Zusatzartikel im handschriftlichen Original

Systemkritik

Lofgren führt gemeinsam mit Ted Poe, einem Republikaner aus Texas, den Vorsitz. Insgesamt gibt es 13 republikanische und zwölf demokratische Gründungsmitglieder. „Die Technik mag sich ändern, aber die Verfassung tut es nicht“, betonte Poe.

„Unsere Gesetze über Freiheiten, die Privatsphäre und Bürgerrechte haben nicht mit der schnellen Entwicklung der Technik […] Schritt gehalten“, stellte die Demokratin Tulsi Gabbard aus Hawaii fest, während der Republikaner Tom Massie aus Kentucky meinte: „Der Kongress hat verabschiedet, und verabschiedet noch immer, gefährliche Gesetze ohne Rücksichtnahme auf die Verfassung.“

„Angesichts schwieriger Umstände ergreifen manche schnell extreme, verfassungswidrige Maßnahmen; der Fourth Amendment Caucus wird einen besänftigenden Einfluss haben“, hofft der Republikaner Justin Amash. Er fühlt sich schon seit Jahren von den Geheimdiensten hintergangen.

Behörden greifen sich Milliarden

Während die enorme Überwachung seit Edward Snowdens Enthüllungen weltweit Thema ist, ist das Problem der Beschlagnahmungen weniger bekannt: Tausende US-Behörden beschlagnahmen laufend Geld und Wertsachen von unbescholtenen Bürgern ohne vorheriges Verfahren. Die Behörde muss lediglich einen Verdacht äußern, es handle sich um Sachen, die mit Straftaten in Verbindung stünden. Dafür reicht schon aus, dass bei einer Verkehrskontrolle einige Tausend Dollar gefunden werden. Betroffen sind laut einem Bericht aus Kalifornien überdurchschnittlich oft Angehörige von Minderheiten und weniger wohlhabende Menschen.

Die Behörde muss weder einen Beweis führen noch Anklage wegen der angeblichen Straftat erheben. Vielmehr müsste der Betroffene im Nachhinein in einem jahrelangen Gerichtsverfahren beweisen, dass er die beschlagnahmten Dinge legal erworben hat. Weil das extrem schwierig und teuer ist, behalten die Behörden in der Regel, was sie eingesackt haben. Unter Umständen sind auch die entscheidenden Akten geheim, was die Prozessführung praktisch unmöglich machen kann.

Da die beschlagnahmten Werte kein Steuergeld sind, gibt es wenig Kontrolle darüber, wie sie verwertet werden beziehungsweise wofür das Geld ausgegeben wird. Die Summen machen beträchtliche Anteile öffentlicher Budgets aus und werden mancherorts schon Jahre im Voraus verplant. Folglich müssen diese Summen dann auch eingetrieben werden.

Viele Caucuses statt zwei Fraktionen

Ein Caucus im US-Kongress ist eine formelle Gruppe, die sich bestimmten Themen oder Ideologien widmet und bestimmte Rechte genießt. Senatoren können ebenfalls beitreten. Jedes Kongressmitglied gehört in der Regel mehreren solchen Gruppen an. Die größten Caucuses sind jene der Republikaner sowie der Demokraten, was den in Deutschland üblichen Fraktionen am Nächsten kommt. Zusätzlich gibt es eine Reihe kleinerer, parteigebundener Caucuses, etwa der Tea Party, der konservativen oder aber progressiven Demokraten, oder der hispanischen Republikaner beziehungsweise Demokraten.

Der Caucus der Schwarzen ist ebenso wie diverse religiöse Zusammenschlüsse parteiübergreifend. Die lange Liste der Gruppen überrascht ob ihrer Themenvielfalt: Vom Caucus der Deutsch-Amerikaner bis zu den Freunden Liechtensteins, von Getränkethemen wie CO2-haltigen, alkoholfreien Getränken, kleinen Brauereien oder Belangen des Bourbon bis zu Anliegen betreffend Papier, Erdnüssen oder der Maker-Bewegung, von “ Intellectual Property Promotion and Piracy Prevention“ bis zu den „Friends of Trans-Pacific Partnership (TPP)“ ist fast alles dabei.

Quelle: http://heise.de/-3266472