Das kann man als wichtigen Wendepunkt im Netzausbau des Betreibers sehen, in dessen Frequenzportfolio jahrelang eine Lücke geklafft hat. Nach dem Motto „mehr ist mehr“ liefert nun Vodafone die höchsten LTE-Datenraten und überholt die Telekom.

Der Düsseldorfer Telekommunikationskonzern Vodafone hat in Langenhagen bei Hannover die nach eigenen Angaben aktuell schnellste Mobilfunk-Basisstation Deutschlands in Betrieb genommen. Sie liefert an Teilnehmergeräte Brutto-Datenraten bis 375 Megabit pro Sekunde. Das entspricht der LTE-Gerätekategorie 9 (Cat-9). Noch fehlen in Deutschland geeignete Smartphones, aber prinzipiell können diese Maximalrate alle Vodafone-Kunden mit Red-Tarif nutzen. Laut Unternehmens-Chef Dr. Hannes Ametsreiter marktiert die Übernahme der Basisstation in den Regelbetrieb zugleich den „Start für den Netzausbau auf 375 MBit/s“. Zunächst würden vor allem Ballungsgebiete berücksichtigt, so Ametsreiter.

Bei Messungen konnte Vodafone die Erwartungen mit konstanten und teils hohen Nettodatenraten erfüllen – wenn die Mobilfunkzelle gerade nur einen Teilnehmer versorgen musste, erzielte sie laut Vodafone-Mitarbeitern zwischen 320 und 340 MBit/s. Sobald zusätzliche Nutzer auf die in einem Industriegebiet positionierte Basisstation zugriffen, ging die Datenrate wie erwartet zurück. Für die Messungen setzte Vodafone Samsung-Smartphones ein. Prinzipiell seien die Modelle Galaxy S7 und Galaxy S7 Edge für diese Ausbaustufe geeignet. Ein dafür erforderliches Firmware-Update werde Samsung laut Ametsreiter in Kürze öffentlich verteilen.

LTE mit Gigabit-Speed in Sicht

Im Mobilfunk will der Netzbetreiber voraussichtlich im Herbst erste Basisstationen in Betrieb nehmen, die bis zu 525 MBit/s liefern und zur Weihnachtszeit peilt Vodafone erste Gehversuche mit 1 GBit/s per LTE Advanced. „Deutschland braucht Gigabit auf allen Infrastrukturen. Wir machen Deutschland mit unserem einzigartigen Technologiemix schnell, vernetzt und digital“, so Ametsreiter. Demnach sollen bald auch erste Kabelkunden „Geschwindigkeiten von über einem Gigabit pro Sekunde“ erhalten können.

Im Weiteren bezeichnete Vodafone den Betriebsstart als „4,5G-Innovation“ und sprach von einer „neuartigen Triple Carrier Aggregation“. Beides ist freilich unnötig dick aufgetragen. Diese LTE-Datenrate und auch die Bündelung von drei Trägern (Carrier Aggregation) wurden bereits im März 2013 mit dem 3GPP-Release 11 spezifiziert. Auch ist die Technik längst bei vielen Netzbetreibern weltweit im Einsatz und gehört noch zur 4G-Roadmap.

Meilenstein zu dick markiert

Dennoch kann man den heutigen Ausbaustart für 375 MBit/s als wichtige Wegmarke in Vodafones Netzentwicklung sehen. Bisher lieferten die Mobilfunkbasisstationen per LTE-Advanced maximal 225 MBit/s. Dafür bündelte der Betreiber zwei Träger – 10 MHz im 800-MHz-Band und 20 MHz im 2600-MHz-Band. Im begehrten 1800-MHz-Band klaffte jedoch jahrelang eine Lücke, die die Firma schließlich bei der Frequenzversteigerung im Mai 2015 schließen konnte. Nimmt man zu den ersten beiden Bändern das im Mai 2015 ersteigerte 20 MHz breite 1800er Band hinzu, lassen sich drei Träger für zusammen 50 MHz bündeln – zusammen ergibt das die genannte Bruttodatenrate von 375 MBit/s.

Dafür sind Geräte der LTE-Kategorie 9 erforderlich. Die Cat-9-Geräte sind sogar für 450 MBit/s ausgelegt. Aber dafür müsste Vodafone 60 MHz bündeln. In Senderichtung liefern Cat-9-Geräte brutto bis zu 50 MBit/s und bündeln dafür zwei Träger.

Die Deutsche Telekom war, was den Regelbetrieb angeht, bis heute mit 300 MBit/s führend in Deutschland; die Bonner Firma profitierte dabei lange Zeit von einer besseren Frequenzausstattung und bündelt dafür 2 x 20 MHz im 1800- und 2600-MHz-Band. Die LTE-Spezifikationen sind aber längst schon bis zu Bruttoraten von 3 GBit/s fortgeschrieben und die Telekom hat bereits im Februar 2014 Feldversuche mit der 600-MBit/s-Stufe absolviert. Man kann gespannt sein, wann diese Technik in den öffentlichen Betrieb überführt wird.

Quelle: http://heise.de/-3274973